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Twinmarker Sketcher

Interview mit der Schneider Schreibgeräte GmbH


Lisa Münch von BEYOND BIZ im Interview mit Christian Schneider (Geschäftsinhaber), Frank Groß (Geschäftsführer), Patrick Wintermantel (technischer Leiter) und Dr. Barbara Wisser (Chemikerin, Tintenentwicklung) von der Schneider Schreibgeräte GmbH.

 


 

Schön, dass ihr für ein Interview Zeit gefunden habt. Ich freue mich einmal mehr, für BeyondBiz einen Einblick in die Kreativbranche zu bekommen – und dann auch noch bei so einem „alten Hasen“. Denn das, seid ihr ja wirklich: Wenn man mal einen Blick in eure Unternehmensgeschichte wirft, dann wird ziemlich schnell deutlich, dass ihr die Kugelschreibermine, und damit den Kugelschreiber, in Deutschland auf den Weg gebracht habt. In der Bedeutung des Produkts, dem Kugelschreiber, seid ihr damit ja fast wie ein Thomas Edison [lacht] – und dann steht diese Firma mitten im Schwarzwald.

 


 


Lisa an Christian
Darf ich fragen, wie Du diese Entwicklung von eurem wirklich traditionsreichen Familienunternehmen selbst wahrnimmst? Du musst wahnsinnig stolz sein, darin mitwirken zu können, oder?

[Christian lacht] Ich persönlich kann mich nicht mit Thomas Edison vergleichen, aber ich bin durchaus stolz, das Erbe meiner Familie erfolgreich weiterführen zu können. Heute sehen den Kugelschreiber viele Leute als „ganz normales“ Schreibgerät, aber zu Zeiten meines Großvaters war es tatsächlich eine bahnbrechende Erfindung. Vorher gab es nur den Füller oder den Bleistift. Der Stolz kam bei mir erst später, denn es war für mich nicht schon immer klar, dass ich einmal die Firma übernehme. Meine Eltern haben dies insgeheim vielleicht immer gehofft, aber es nicht erwartet. Nach meinem Studium startete ich auch zuerst bei Ebay in Berlin ins Berufsleben – also Kontrastprogramm zum Schwarzwald [lacht]. Der Sinneswandel kam dann 2008 auf einer Weltreise. Dort besuchte ich unter anderem auch mehrere internationale Vertretungen von Schneider. Das war für mich eine motivierende Reise, denn in vielen unterschiedlichen Ländern der Welt bin ich unseren Produkten begegnet, was mich inspirierte doch die Firma von meinem Vater zu übernehmen.  Zu dieser Zeit kam dann auch der Stolz und es festigte sich der Gedanke eine Firma selbstbestimmt zu leiten, weiter zu entwickeln, und eigene Ideen zu verwirklichen. Auch wenn mich Digitalisierung und KI-Themen wahnsinnig interessieren, finde ich es spannend, ein haptisches und kein digitales Produkt zu optimieren und weltweit zu vermarkten. 

 


 

Lisa an Christian
Die Digitalisierung schlägt vielerorts zu Buche. Ich kann mir vorstellen, dass die analoge Schreibkultur auch ein wenig darunter gelitten hat. Umso wichtiger ist es, mit der digitalen, bunten Welt Schritt zu halten. Was treibt Deinen Unternehmergeist tatsächlich an? Geht es nur ums Mithalten, oder woraus ziehst du Deine Inspiration zu Neuem?


Christian
Klar, die Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung finden auch in unserer Branche Niederschlag. Auch wenn unsere Produkte analog sind- hat das Schreiben, Markieren und Skizzieren von Hand trotzdem absolute Berechtigung. Wir wissen, dass heute zwar weniger, aber dafür häufiger geschrieben wird. Unsere Produkte werden sukzessive auf dieses veränderte Nutzerverhalten abgestimmt. Beispielsweise muss ein Stift für eine schnelle Unterschrift sofort anschreiben. Und nicht zuletzt gewinnen Trends wie das Erwachsenen-Malen, die kreative Organisation des Alltags durch Bullet Journaling oder therapeutisch-anmutende Entschleunigungsmethoden allgemein sogar noch an Bedeutung. Wir sehen daher für den globalen Schreibgerätemarkt nach wie vor optimistisch in die Zukunft. Mich persönlich motivieren solche Veränderung auch, denn sie bergen Chancen. Ich bin überzeugt davon, dass man über innovative Produktkonzepte und das Aufgreifen und Setzen von Trends auch in den nächsten Jahren Zuwachsraten im Schreibgerätemarkt erzielen kann. Das wird durch unsere erfolgreiche Umsatzentwicklung der letzten Jahre bestätigt. Es reicht allerdings nicht, nur mithalten zu wollen. Man muss regelmäßig Produkte und Herstellungsprozesse reflektieren, hinterfragen und optimieren. Wir hinterfragen beispielsweise immer wieder aufs Neue, was in Bezug auf Nachhaltigkeit oder Produktqualität bei bestehenden Produkten verbessert werden kann, oder wie wir unser Produktsortiment – abgestimmt auf unsere Kernkompetenzen – noch weiter entwickeln können. Zum Schutze der Umwelt und der endlichen Ressourcen ist z.B. die Suche nach neuen Lösungen und Alternativen zu Kunststoffmaterial unverzichtbar. Auch hier konnten wir in den vergangenen Jahren herausragende Meilensteine im Einsatz von biobasierten Kunststoffen und Recyclingmaterial setzen. Auch die Ausweitung unseres Sortiments in den Hobby- und Kreativbereich entstand durch ständige Optimierungen und den Ausbau unserer Kernkompetenzen. Mit Molotow haben wir einen kompetenten Partner gefunden, mit dem wir erfolgreich in dieses neue Produktfeld eindringen und unsere eigene Produktlinie für den Hobby und Kreativmarkt launchen konnten.

 


Schritt halten – leichter gesagt, als getan. Dafür habt ihr wahrscheinlich ein Fachgremium mit Spezialisten, die in der Technik und der Tintenentwicklung stets nach neuen Trends und Möglichkeiten suchen. Einer davon ist Patrick Wintermantel.




Lisa an Patrick
Woher holst du deine Ideen und was ist so spannend, aber auch herausfordernd an deinem Job?

Patrick
Es ist wichtig stets am Puls der Zeit zu sein – sowohl was Marktentwicklungen, als auch technische Möglichkeiten angeht. Durch ein breites Netzwerk, einen stetigen Austausch mit unseren Partnern, wie bspw. Molotow und unserem hervorragenden Team bei Schneider, ist es uns möglich, schnell und erfolgreich auf neue Trends und Strömungen zu reagieren. Unsere hohe Fertigungstiefe ermöglicht beispielsweise auch das Testen von Alternativen für erdölbasierte Kunststoffe. Somit können wir deren optimierte Herstellung weiter vorantreiben. Wir haben hier bereits innerhalb der Branche Pionierarbeit geleistet und mit dem Sketcher heben wir das Thema auf eine neue Stufe. Neben dem eingesetzten Kunststoff ist bspw. auch der Faserspeicher aus Recyclingmaterial hergestellt. Die Spannung und die Herausforderung gehen Hand in Hand – spannend waren die Insights, welche Molotow mit uns geteilt hat. Durch ihre Erfahrungen und die enge Zusammenarbeit mit Künstlern ist es uns möglich zu verstehen, welche Bedürfnisse diese Zielgruppe hat. Die Herausforderung ist es, diesen Anforderungskatalog in ein wirtschaftliches und nachhaltiges Produktkonzept zu übertragen. Gemeinsam haben wir ein innovatives und noch nie dagewesenes Produkt realisiert, welches nachhaltig in der Herstellung ist und mit den neusten technischen Möglichkeiten produziert wird. 

 


 

Lisa
Da möchte ich gleich einhaken, denn diese Produktentwicklung finde ich sehr spannend, da er den klassischen Grafikmarker 
(oft als Deonym im Gebrauch: „Copic“-Marker) maßgeblich revolutionieren wird. Ich rede hier vor allem von innovativer Technik, nachhaltiger Produktphilosophie und einer äußerst spannenden Tintenforschung, die uns Dr. Barbara Wisser bestimmt auch noch näher erklären wird.

Was ist die technische Besonderheit bei diesem Marker, die klassische Grafikmarker wie Copic in den Schatten stellen könnte?

Patrick
Unser Sketcher ist so vielseitig, dass es schwierig ist, ihn überhaupt mit den vorhandenen und am Markt befindlichen Produkten zu vergleichen. Es fängt schon beim Design an – wir nutzen einen triangulären Schaft, welcher sich der natürlichen Stifthaltung der Hand perfekt anpasst. Er liegt bequem und auch nach langer Nutzung ermüdet die Hand weniger. Des Weiteren verwenden wir für die Herstellung des Sketchers nachhaltige Grundmaterialien. Der gesamte Stift besteht zu >92 % aus recyceltem Kunststoff. Darüber hinaus werden durch deren Einsatz 79 % CO2 eingespart im Vergleich zur Verwendung von konventionellem Kunststoff. Sowohl den Recyclinganteil als auch die Einsparung von CO2 haben wir uns zudem durch unabhängige Institute prüfen und zertifizieren lassen. Weiter können die Farben einzeln nachgekauft werden – das spart Kunststoff ein, im Vergleich zum Kauf eines kompletten Markers. In Zahlen sind das ~56 % oder 10,6 g. Das Patronensystem generell ist eine absolute Neuheit auf dem Markt. So ist es dem Kunden möglich nicht nur den Stift nachzufüllen, sondern gleichzeitig auch direkt eine neue Spitze einzusetzen. Und das alles, ohne sich die Hände schmutzig zu machen – eine wirklich saubere Sache. Weiter geht es mit dem Leerschreibverhalten. Da wir zwei separate Patronen verwenden, sind auch zwei getrennte Tintenspeicher (sogenannte Faserspeicher) im Einsatz. Die eine Spitze „klaut“ der anderen nichts und ist somit völlig autark. Dadurch verbessert sich die tatsächliche Ergiebigkeit des Schreib… – pardon – Malgerätes.
Weitere Punkte sind noch der immense Preisvorteil beim Kauf einer Patrone ggü. einem kompletten Schreibgerät. Absolutes Highlight ist für mich auch die Individualisierbarkeit. Durch die verschiedenen Spitzentypen und die zahlreichen Farben bietet der Sketcher schier endlose Kombinations-Möglichkeiten. Ganz schön viel Material – und wir haben noch nicht von der Tinte gesprochen.


Dr. Wisser
Die Tintenentwicklung war ebenfalls spannend und herausfordernd. Wir haben von Grund auf wasserbasierte Tinten neu gedacht. Die Anforderungen von Künstlern und kreativ arbeitenden Menschen sind hoch – höher als bei konventionellen Schreibgeräten. Leuchtstarke, farbintensive Tinten die geruchsneutral und dazu noch schnelltrocknend sind. Wissen Sie, wasserbasierte Tinten haben aufgrund der chemischen Zusammensetzungen die Eigenschaft, dass sie langsamer trocknen als alkoholbasierte Tinten. Wir konnten durch einige Kniffe diesen Umstand umgehen – unsere Aqua Pro Tinte trocknet nun nahezu genauso schnell wie eine alkoholbasierte Tinte. Darüber hinaus ist der Farbauftrag sehr saftig und es entsteht ein sehr angenehmes Malerlebnis. Innerhalb unserer Abteilung haben wir vom „Tintenschmeichler“ gesprochen. Weiter haben wir eine gute UV-Beständigkeit mit unseren Tinten erzielen können. Sie müssen sich das so vorstellen: Tinte einstellen, belichten, Ergebnis prüfen. Und das so lange bis wir und auch Molotow, die nochmal einen anderen Blick auf die Ergebnisse haben, zufrieden waren. Und nun nach mehreren Jahren Entwicklung, Rückschlägen und großen Erfolgen, stehen wir da mit einem Produkt, dass meiner Meinung nach seinesgleichen suchen wird. Im Team haben wir Erstaunliches geleistet. 

 


 

Lisa
Wow, klingt nach einer echt guten Sache. Mir persönlich gefällt besonders gut der Nachhaltigkeitsaspekt. „Nachhaltigkeit“ ist ja mittlerweile leider so ein Kaugummiwort geworden, das von vielen elendslang gekaut wird – bis dessen Geschmack weg ist und, wie so oft, eigentlich gar nichts übrig bleibt. Bei euch ist das anders: ihr seid EMAS-zertifiziert. Ich habe im Vorfeld recherchiert…Die Zertifizierung zu erhalten und vor allem zu behalten, ist super schwierig, oder?

 

Frank
Ja, da hast du völlig Recht! Das Thema Nachhaltigkeit spielt in unserer Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle und gleichzeitig droht der Begriff „Nachhaltigkeit“ durch inflationäre Verwendung an Aussagekraft zu verlieren. Oft wird in diesem Zusammenhang auch versucht, mit vordergründig „grünen Aktionen“ ein Nachhaltigkeitsimage aufzubauen. Ich glaube jedoch, dass „Greenwashing“ früher oder später als solches erkannt wird und sich negativ auf das Firmenimage auswirkt.

Wir haben schon früh begonnen, uns um ressourcen- und umweltschonende Verfahren zu kümmern – zu einer Zeit, als dies noch von vielen belächelt wurde. Bereits 1995 hat sich Schneider Gedanken über ein Umweltmanagementsystem gemacht. Als erstes Unternehmen der Branche erhielten wir dann 1998 das EMAS-Zertifikat, das wir seither regelmäßig revalidiert haben. Wir entschlossen uns damals für EMAS, denn uns gefiel vor allem der kontinuierliche Verbesserungsprozess inklusive der regelmäßigen Validierung durch einen Prüfer sowie die Dokumentation unserer Umweltleistungen im Rahmen der Umwelterklärung. Rückblickend war das eine sehr gute Entscheidung, die sich gelohnt hat. Wir konnten uns dadurch für viele Dinge eine fundierte Basis erarbeiten, wie beispielsweise die Datenerhebung zur Berechnung des C02 Footprints etc. Zu Beginn ist der Zertifizierungsprozess jedoch tatsächlich sehr aufwendig und erfordert ein hohes Maß an Wissen über die umweltrelevanten Prozesse im Unternehmen. Es müssen eine Vielzahl an Kennzahlen ermittelt und dokumentiert, sowie Umweltziele und -maßnahmen definiert werden. Außerdem müssen Abläufe und Zuständigkeiten geregelt werden, z.B. durch Verfahrensanweisungen, die Benennung von Beauftragten und Schulungen. Jedoch gewinnt man über die Jahre zunehmend an Erfahrung und Wissen, was sich positiv auf den Zeitaufwand im Zertifizierungsprozess auswirkt.

 


 

Lisa
Das klingt nach viel Arbeit. Und als wäre das nicht genug, bestreitet ihr nebenher auch noch eine Partnerschaft mit Molotow, die urbane Marke für kreative Malgeräte, Marker und Sprühdosen schlechthin. Wie kommt es zu dieser außergewöhnlichen Zusammenkunft? Wo sind die Schnittstellen? Was bedeutet das für die Schreibwaren-, aber auch die Kreativbranche?

Frank
Ja, bei uns hat es gefunkt [lacht]. Wir bei Schneider beschäftigten uns schon seit längerem mit der benachbarten Kunst- und Kreativbranche. Durch den Aufbau unserer eigenen Tintenproduktion haben wir uns zusätzlich intern Kompetenzen angeeignet, die wir vielseitig - und eben auch für die Herstellung von Kunstbedarf, also für Malen und Zeichnen, Markern und Colorieren- einsetzen können. Was uns fehlte, waren Kenntnisse über die Zielgruppen, der Zugang zur Branche sowie die Bekanntheit in diesem Marktsegment. Und dann kam Molotow. Nach ersten Gesprächen merkten wir beide schnell, dass wir gut zueinander passen und uns super ergänzen. Unsere Unternehmen stehen vor allem für Innovationen auf höchstem Qualitätsniveau und „Made in Germany“. Und auch beim Thema Nachhaltigkeit denken wir ähnlich. Wir wussten also auf Anhieb, dass wir in vielerlei Hinsicht gegenseitig von unserem Wissen profitieren können. Molotow kennt die Kreativbranche und die Zielgruppe besser als kaum ein anderer und weiß genau was die Anwender benötigen. Wir wiederum haben sehr großes Know-how, wie man die Produkte herstellt. Angestrebt waren von Anfang an gemeinsame Technologie-Entwicklungen, deren USPs aus dem Austausch des jeweiligen Spezialwissens entstehen und in den Produktlinien von Schneider und Molotow ihren Niederschlag finden. Darüber hinaus haben wir zum Start unserer Kooperation den internationalen Vertrieb des Fine-Art Sortiments von Molotow übernommen und dabei erste Erfahrungen in der Vermarktung von Kunstbedarf gesammelt. Unsere internationale Aufstellung samt Logistik und Markenbekanntheit war dabei für Molotow ein wichtiger Mehrwert. Durch diese ersten Schritte näherten wir uns Stück für Stück dem Hobby- und Kreativmarkt. Viel ist passiert seit Beginn der Kooperation im Jahre 2016. Der gemeinsam entwickelte Molotow Blackliner ist ein großer Erfolg und mittlerweile in 13 Strichstärken erhältlich. Schneider wiederum profitiert bei der Konzeption und Vermarktung seiner neuen Kreativlinie „Makers Line“ von der jahrzehntelangen Expertise Molotow. Die „Makers Line“ zeichnet sich durch innovative Produktlinien sowie einen völlig neuen und unkonventionellen Kommunikationsstil aus, der auf die Zielgruppe der Hobby- und Semiprofessionellen Anwender zugeschnitten ist. Unsere gemeinsame Entwicklung kann mit Spannung weiterverfolgt werden, soviel ist sicher.
 

@lisamuench_editorials
Chefredaktion bei BeyondBiz

Interview [PDF, 240 KB]

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